Samstag, 19. September 2015

Verlauf im Syrien

Verlauf

Beerdigungsprozession für den gefallenen General Mohammed al Awad

Ganz allgemein können die Ereignisse des arabischen Frühlings  in anderen Ländern der Region als Anlass für Demonstrationen in Syrien genannt werden. Als Ausgangspunkt des Bürgerkrieges gilt die Gewaltanwendung gegen friedliche Demonstranten, die gegen die Verhaftung von Kindern in der südsyrischen Stadt Darʿā im März 2011 protestierten. Mehrere Menschen wurden getötet. Bei Protesten in den folgenden drei Tagen kam es zu weiteren Toten, darunter auch einige Polizisten. Ab April 2011 setzte das Regime die reguläre Armee gegen die Demonstranten ein. Mehrere hundert Personen wurden in den ersten Monaten der Protestwelle im Umfeld von Demonstrationen getötet. Der überwiegende Teil dieser Toten fiel nach Einschätzung von Menschenrechtlern Aktionen der syrischen Geheimdienste zum Opfer.
Aus desertierten Armeeangehörigen und Zivilisten organisierte sich ab Juli 2011 die Freie Syrische Armee (FSA), die die Regierungstruppen militärisch unter Druck setzte und aus immer mehr Gebieten vertrieb. Mitte 2012 hatte die reguläre Syrische Armee mit etwa 60.000 desertierten Soldaten rund 20 % ihrer geschätzten Stärke von 2011 eingebüßt, während sie gleichzeitig gezwungen war, mit den verbliebenen Kräften in weiten Teilen des Landes ständig Präsenz zu zeigen um eine Ausbreitung des Aufstandes zu verhindern. Beobachter prophezeiten nach bedeutenden Rückschlägen für die Regierungstruppen, wie dem Verlust großer Teile der Wirtschaftsmetropole Aleppo, um das Jahresende 2012 den baldigen Fall des Regimes von Präsident Assad.
Die FSA scheiterte jedoch damit, in den Gebieten, aus denen sie die Regierungstruppen vertrieben hatten, die öffentliche Ordnung aufrechtzuerhalten und die Bevölkerung zu versorgen. Dieses Vakuum wurde zunehmend von sunnitisch geprägten Hilfsorganisationen gefüllt, die aus der Golfregion finanziert wurden. Mit Fortschreiten des Konfliktes bewaffneten sich Vertreter dieser Organisationen, nahmen am Kampfgeschehen teil und trugen, gestützt durch die Zuführung von religiös motivierten Freiwilligen und kampferprobten Veteranen aus verschiedenen Konfliktregionen der Welt, sowie Waffen aus dem Ausland, bald die Hauptlast der Kämpfe. So waren es islamistische Kämpfer, die im Frühjahr 2013 den Handstreich auf die Provinzhauptstadt ar-Ragga durchführten.
Immer mehr Kämpfer verschiedener Rebelleneinheiten schlossen sich solchen religiös gefärbten Gruppen an, da die, neben militärischer Stärke und sozialem Engagement, auch durch das Zahlen monatlicher Gehälter attraktiver erschien Das Vorgehen der islamistischen Gruppierungen jedoch, die vielerorts brutal ihre Vorstellungen einer religiösen Gesetzgebung durchsetzten, Stätten anderer Religionen schändeten, als Teil ihres Kampfes gegen Regierungstruppen vielfach Selbstmordattentäter benutzen und gegen Journalisten und Angehörige von Hilfsorganisationen vorgingen, stärkte indirekt die Position der syrischen Regierung um Assad in den Augen der Weltöffentlichkeit und verhinderte, dass sich eine breite Basis ausländischer Unterstützung für die Opposition formieren konnte.
Anfang bis Mitte 2013 begann sich das syrische Regime, entgegen der Voraussagen, wieder zu stabilisieren. Mit einem kleineren zu verteidigendem Gebiet, einem Ende der Massendesertationen und gestützt auf die Luftwaffe und den zunehmenden Einsatz unterschiedsloser Waffen, wie Artillerie- und Bombenangriffen, konnten Regierungstruppen ihre Stellungen halten und lokal begrenzte Erfolge erzielen. Versuche dieses Vorgehen mit zahlreichen zivilen Opfern durch den Sicherheitsrat verurteilen zu lassen, scheiterten mehrfach am Veto Russlands und Chinas.
Eine weitere Lageänderung trat dann im Mai 2013 ein, als Milizen der schiitischen Hisbollah in großer Zahl, vom Libanon kommend, die syrische Grenze überquerten und sich mit den Regierungstruppen Assads zusammenschlossen. Beobachter schätzten, dass dieses militärische Engagement auf direkte Weisung des Iran erfolgte, der so seinen Einfluss in Syrien gegen die Aktivitäten aus den Golfstaaten Saudi-Arabien und Katar verteidigen wollte. Mit der Kombination aus im Guerillakampf erprobten Hisbollah-Verbänden und den schweren Waffen der Regierungstruppen, gelang es den Verbänden von Präsident Assad an mehreren Stellen die Rebellen zu schlagen und medienwirksam Gebiete, wie die als Schlüsselstellung für den Rebellennachschub wichtige Stadt Kusseir , im Sommer 2013 zu erobern. Ein weiteres wichtiges Ereignis waren die Giftgasangriffe von Ghuta  im August 2013, die zahlreiche zivile Opfer forderten und eine internationale Welle der Empörung auslösten. Eine NATO-Intervention wurde jedoch von der Bevölkerung der Mitgliedsstaaten abgelehnt und ein amerikanischer Militärschlag gegen Ziele in Syrien wurde schließlich durch das Eingreifen Russlands abgewendet, das die Regierung in Damaskus überzeugte, ihr Chemiewaffenprogramm einzustellen und ihr C-Waffen-Arsenal unter internationaler Aufsicht zerstören zu lassen.
Mitte bis Ende 2013 kam es vermehrt zu Kämpfen zwischen islamistischen Rebellen und Angehörigen der ethnischen Minderheit der Kurden, die sich im Konflikt zwar in begrenztem Umfang gegen das Regime gestellt hatten, sich aber weitgehend neutral verhielten, soweit ihre Siedlungsgebiete im Nord-Osten Syriens nicht betroffen waren. Der Versuch von al-Qaida-nahen Rebellengruppen, die besetzten Gebiete in Syrien mit Gebieten im Irak räumlich zu verbinden, in denen sich gleichgesinnte Kämpfer gegen die schiitisch geprägte Regierung des Irak erhoben hatten, verschärfte den Konflikt weiter. Kämpfe zwischen den, der al-Qaida zugerechneten, ISIL-Kämpfern auf der einen und einem Bündnis aus anderen, stark religiös geprägten, sunnitischen Gruppen, als deren Hauptunterstützer Saudi-Arabien gilt, und Resten der FSA auf der anderen Seite, dominierten den Jahreswechsel 2013–2014. Regierungstruppen traten zu dieser Zeit durch Bombenangriffe auf Rebellengebiete in Aleppo und begrenzte Geländegewinne, als Folge der rebelleninternen Kämpfe, in Erscheinung. Im Mai 2014 kam es zu mehreren Vereinbarungen zwischen Aufständischen und Regierungstruppen, die unter anderem zur kampflosen Räumung der Stadt Homs durch Rebellentruppen führten.
Mit dem Auftreten des Islamischen Staates (zuvor "ISIS") Mitte 2014 kam es zu Kämpfen zwischen den Kurden und der Islamistischen Miliz. Durch das brutale Vorgehen der Islamisten gegen Kurden und anderen Minderheiten der Region kam es zur Massenflucht.. Durch Offensiven des Islamischen Staats auf die strategische Stadt Kobane kam es zur erbitterten Schlacht um Kobane Der IS konnte große Teile der Stadt unter seine Kontrolle bringen. Daraufhin sah sich der Westen, vor allem die USA, gezwungen, zu intervenieren. Eine Koalition aus den USA und arabischen Staaten wie Saudi Arabien und Katar fliegen seitdem Luftangriffe auf den IS. Durch die Luftangriffe geschwächt und durch Waffenlieferungen an die Kurden durch den Westen, konnte der IS Ende Januar 2015 aus der Stadt Kobane vertrieben werden. Während die Regierungstruppen 2013 und Anfang 2014 an mehreren Fronten Geländegewinne verzeichneten, mussten sie Anfang 2015 wieder Rückschläge vor allem im Süden an der Grenze Jordaniens und im Nordwesten um Idlib hinnehmen. Ende Mai 2015 startete der IS eine Offensive auf die strategisch wichtige Stadt Palmyra und nahm sie daraufhin ein. Zu diesem Zeitpunkt kontrolliert die Terrormiliz erstmals 50 % des syrischen Territoriums. Dies wird als ein weiterer schwerer Rückschlag der Regierungstruppen gewertet, die laut Beobachter nach hohen Verlusten als stark dezimiert und demoralisiert gelten.
Organisationen wie Human Right Watch und Amnesty Inernational  werfen vor allem den Kräften der Regierung, jedoch auch Teilen der bewaffneten Opposition im Zusammenhang mit den Auseinandersetzungen Folter und schwere Menschenrechtsverletzungen vor. Der Einsatz von Kindersoldaten wird dagegen ausschließlich Rebellengruppen zur Last gelegt.

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